Neuer Gesetzentwurf beinhaltet die Pflicht zur Arbeitszeiterfassung durch eine Reform des Arbeitszeitgesetzes (ArbZeitG).
Die Änderung des deutschen Arbeitszeitgesetztes ist auf den Weg gebracht.
Die vollständige Erfassung der Arbeitszeit ist bereits Pflicht – jetzt geht es um das wie. Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) hat im April 2023 einen Gesetzentwurf vorgelegt. Dieser sieht vor, die Beschäftigten in Deutschland zu verpflichten, ihre Arbeitszeit jeden Tag elektronisch aufzuzeichnen. Die Sozialpartner, also Gewerkschaften und Arbeitsgeberverbände, sollen aber Möglichkeiten für Ausnahmeregelungen erhalten. Auch soll Vertrauensarbeitszeit weiterhin möglich sein.
Die wichtigesten Punkte kurz zusammengefasst:
So begründet das BAG seine Entscheidung zur Zeiterfassungspflicht (Dezember 2022)
Das Urteil des Bundesarbeitsgerichts (BAG) vom 13. September 2022 (Az.: 1 ABR 22/21) wies schon sehr deutlich in Richtung Zeiterfassungspflicht. Dennoch warteten viele Personal-Abteilungen und Arbeitgeber auf die Begründung des Urteils. Mancher hegte wohl die leise Hoffnung, dass alles beim Alten bliebe. Dies ist jedoch definitiv nicht der Fall.
Bereits im September wurde das Grundsatzurteil gefällt: eine gesetzliche Verpflichtung zur Arbeitszeiterfassung gibt es in Deutschland bereits. Aus der Begründung des BAG-Grundsatzurteils ergibt sich nun, dass die Arbeitgeber sowohl Beginn und Ende als auch die Dauer der Arbeitszeit dokumentieren müssen. Nur die Bereitstellung eines Zeiterfassungssystems zur möglichen Nutzung reicht nicht aus.
Pflicht zur Einführung eines Arbeitszeiterfassungssystems und dessen Nutzung
Allgemeines Rechtsbeschwerdeverfahren: 1 ABR 22/21, Entscheidungsgründe B, II, 3. aa) (2):
“Das geforderte System darf sich – trotz des vom Gerichtshof verwendeten Begriffs der „Messung“ – dabei nicht darauf beschränken, Beginn und Ende der täglichen Arbeitszeit (einschließlich der Überstunden) lediglich zu „erheben“. Diese Daten müssen vielmehr auch erfasst und damit aufgezeichnet werden. Anderenfalls wären weder die Lage der täglichen Arbeitszeit noch die Einhaltung der täglichen und der wöchentlichen Höchstarbeitszeiten innerhalb des Bezugszeitraums überprüfbar. Auch eine Kontrolle durch die zuständigen Behörden wäre sonst nicht gewährleistet. Die Pflicht zur Einführung beschränkt sich zudem nicht darauf, dass der Arbeitgeber den Arbeitnehmern ein solches System zur freigestellten Nutzung zur Verfügung stellt. Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs muss er hiervon auch tatsächlich Gebrauch machen und es damit verwenden.”
Zeiterfassungspflicht für leitende Angestellte
Vertrauensarbeitszeit weiterhin möglich
Die Entscheidung vom 13. September 2022:
Bisher ging man davon aus, dass die Pflicht zur Einführung eines Systems zur vollständigen Arbeitszeiterfassung vom deutschen Gesetzgeber abhängt. Mit dem Urteil des BAG ist jetzt allerdings entschieden, die Zeiterfassung ist Pflicht und zwar seit dem Urteil des EuGH.
FRAGEN & ANTWORTEN
Das Arbeitsschutzgesetz gilt für alle Betriebe in Deutschland unabhängig von ihrer Größe. Somit sind entsprechend dem BAG-Urteil künftig alle Unternehmen in Deutschland dazu verpflichtet, die Arbeitszeit zu erfassen.
Pressemeldung des Bundearbeitsgerichts zur Einführung elektronischer Zeiterfassung vom 13. September 2022:
„Der Arbeitgeber ist nach § 3 Abs. 2 Nr. 1 ArbSchG verpflichtet, ein System einzuführen, mit dem die von den Arbeitnehmern geleistete Arbeitszeit erfasst werden kann.“
Die Erfassung von Arbeitszeit gilt damit ab sofort.
Experten rechnen noch in diesem Jahr mit der Umsetzung des Gesetzentwurfs des BMAS. Diese ändert allerdings nichts an der bereits bestehenden grundsätzlichen Erfassungspflicht.
Parallel zur Verbreitung des Homeoffices wurde auch die Vertrauensarbeitszeit immer mehr zur gelebten Realität. Einfach aus dem Grund, dass es oft die bequemste Lösung sowohl für Arbeitgeber als auch Arbeitnehmer ist.
Doch was bedeutet eigentlich Vertrauensarbeitszeit? Und jetzt ist die Zeiterfassung Pflicht. Inwiefern steht die Zeiterfassungspflicht im Widerspruch zur Vertrauensarbeitszeit, oder tut Sie das eben nicht?
Das Bundesarbeitsgericht hat in seinem Urteil festgestellt, dass es in Deutschland bereits die Pflicht zur Zeiterfassung gibt (Az.: 1 ABR 22/21), denn anders kann der Arbeitgeber ja nicht feststellen, ob der Arbeitnehmer die Arbeitszeit überschreitet. Und seit dieser Entscheidung wird darüber spekuliert, ob dadurch die Vertrauensarbeitszeit faktisch tot ist.
Als Vertrauensarbeitszeit bezeichnet man die flexible Einteilung der täglichen Arbeitszeit durch den Beschäftigten. Der Arbeitnehmer teilt sich seine Arbeitszeit weitgehend selbstverantwortlich ein. Der Arbeitgeber kontrolliert nur das eigentliche Arbeitsergebnis – also die Leistung des Arbeitnehmers. Dazu werden festgelegt Zielvereinbarungen regelmäßig mit den Ergebnissen abgeglichen. Im Gegenzug erhält der Arbeitnehmer dadurch mehr Freiraum in seiner Zeiteinteilung. Soweit die Theorie. Denn rechtlich bewegt man sich hier eher in de Gefilden eines Werkvertrages, was nicht zulässig ist.
Schon bisher galt deshalb:
Dass die Vereinbarung von Vertrauensarbeitszeit der Führung eines Arbeitszeitkontos nicht entgegensteht und auch die Abgeltung eines Zeitguthabens aus Mehrarbeit des Arbeitnehmers nicht ausschließt, zeigt bereits das Urteil des BAG von 2013 (5 AZR 767/13).
Eine Antwort auf die Frage, wie die Arbeitszeiten erfasst werden müssen, gibt das BAG bislang nicht. Bereits im EUGH-Urteil von 2019 hieß es, dass die Arbeitgeber verpflichtet werden müssen, eine objektive, verlässliche und für alle Beteiligten zugängliche Erfassung der Arbeitszeit einzuführen.
Die Vorteile einer Softwarelösung liegen hierbei auf der Hand. Eine digitale Zeiterfassung:
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Für Betriebsräte und Arbeitnehmer wird deren Rechtsposition bei der Arbeitszeiterfassung durch das Urteil gestärkt. Zudem ist das Urteil des Bundesarbeitsgerichts als Grundsatzurteil zu betrachten. Das heißt: Es wurde verbindlich festgestellt, dass Arbeitszeiten von allen Arbeitgebern erfasst werden müssen. Es ist zu erwarten, dass der Gesetzgeber nun zusätzlich die bereits angekündigten Gesetzgebungsverfahren bezüglich der Arbeitszeiterfassung in die Wege leitet. Einige Gesetze müssen nachgebessert werden und Detail-Regelungen müssen geschaffen werden.
Aktueller Referentenentwurf Zeiterfassungspflicht (Stand August 2023)
Gemäß § 16 Abs. 2 ArbZG-E ist der Arbeitgeber dazu verpflichtet, den Beginn, das Ende und die Dauer der täglichen Arbeitszeit der Arbeitnehmer elektronisch zu erfassen. Dies soll unmittelbar am Tag der Arbeitsleistung erfolgen. Obwohl Arbeitnehmer die Erfassung eigenständig vornehmen können, bleibt die korrekte Aufzeichnung weiterhin die Verantwortung des Arbeitgebers. Dieser muss Maßnahmen ergreifen, um Verstöße gegen die Vorschriften zu Arbeits- und Ruhezeiten zu erkennen. Die Aufzeichnungspflicht dient der Transparenz und einer angemessenen Arbeitszeitgestaltung. Sie soll grundlegend am ersten Tag des Quartals nach der Verkündung des Gesetzes in Kraft treten. Bei Zuwiderhandlungen sind Bußgelder von bis zu 30.000 Euro laut § 20 ArbZG-E vorgesehen.
Der Entwurf enthält zwar keine detaillierten Anforderungen an die technische Ausgestaltung der elektronischen Erfassung, erlaubt jedoch neben den gängigen Zeiterfassungsgeräten auch andere Methoden wie Apps oder moderne Zeiterfassungssoftware.
Abweichungen von der elektronischen Zeiterfassung, beispielsweise eine manuelle Aufzeichnung auf Papier oder die Nutzung einer Stempeluhr, sollen möglich sein. Derartige Ausnahmen können durch Tarifverträge, Betriebs- oder Dienstvereinbarungen geregelt werden. Darüber hinaus sind Übergangsfristen geplant: Unternehmen mit weniger als 250 Mitarbeitern haben zwei Jahre Zeit, während es bei weniger als 50 Angestellten fünf Jahre sind. Kleinstbetriebe, ausländische Arbeitgeber ohne Betriebsstätte in Deutschland, die bis zu zehn entsandte Arbeitnehmer beschäftigen, sowie Privathaushalte mit Hausangestellten können auf elektronische Aufzeichnungen verzichten.
Weitere Regelungen betreffen die Verpflichtung zur Aufzeichnung am selben Tag sowie Ausnahmen für bestimmte Tätigkeiten. Die Vertrauensarbeitszeit bleibt erhalten, solange die zulässigen Höchstarbeitszeiten und Pausen eingehalten werden.
Der Referentenentwurf berücksichtigt die Bedeutung von Arbeitszeitaufzeichnungen für eine faire Arbeitsgestaltung. Die Ausgestaltung des Gesetzes erfolgte als Reaktion auf die Entscheidungen des EuGH und des BAG. Diese hatten die Notwendigkeit einer lückenlosen Arbeitszeiterfassung betont, um Arbeitnehmerrechte zu schützen. Dieser Gesetzesentwurf bildet somit einen wichtigen Schritt hin zu einer ausgewogenen Arbeitszeitregelung und verdeutlicht die Rolle von Tarifparteien und dem Betriebsverfassungsgesetz bei der Mitbestimmung von Arbeitszeiterfassungssystemen.
Update: Pläne der neuen Bundesregierung ab 2025
Zuständig für die Umsetzung ist die neue Bundesarbeitsministerin Bärbel Bas. Die geplante Aufnahme der Zeiterfassungspflicht zeigt, dass das Thema für die Bundesregierung weiterhin hohe Priorität besitzt. Wie genau die gesetzliche Ausgestaltung erfolgen wird, bleibt abzuwarten – bis dahin gilt die aktuelle Rechtslage.
Hinweis: Dieser Beitrag stellt keine Rechtsberatung dar. Die recherchierten Informationen sollen lediglich eine Übersicht zum Thema Zeiterfassungspflicht geben.



